Das Deutsche Reinheitsgebot für Bier

Das Brauen von Bier hat in Deutschland eine lange Tradition und die Erzeugnisse der hiesigen Brauereien sind in zahlreichen Ländern auf der ganzen Welt für ihre hohe Qualität bekannt.

Der Begriff Deutsches Reinheitsgebot spielt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle und ist mit der Bierkultur untrennbar verbunden. Worum es dabei geht und wie das Reinheitsgebot entstanden ist, erfahren Sie im Folgenden.


Das Wichtigste zum Deutschen Reinheitsgebot auf einen Blick


  • Nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebraute Biere dürfen ausschließlich Malz, Hopfen, Hefe und Wasser enthalten.
  •  Das in Ingolstadt am 23.04.1516 erlassene Bayerische Reinheitsgebot gilt als der Vorläufer des später deutschlandweit geltenden Reinheitsgebots.
  • Die Vorgaben des Reinheitsgebots wurden aus verschiedenen Gründen im Laufe der Zeit immer wieder angepasst.
  • Kritiker bezeichnen das Reinheitsgebot als Marketinginstrument und wünschen sich mehr Möglichkeiten hinsichtlich der erlaubten Zutaten für Bier.
  • Das Reinheitsgebot gilt weltweit als wichtiges Qualitätsmerkmal und trägt entscheidend zur Beliebtheit von deutschen Bieren bei.


Was ist das Reinheitsgebot?


Kurz gesagt handelt es sich beim Reinheitsgebot um Vorgaben hinsichtlich der Zutaten, die zum Brauen von Bier verwendet werden dürfen. Zu den erlaubten Zutaten für Bier zählen Hopfen, Malz, Hefe und Wasser, wobei für untergäriges Bier sogar ausschließlich Gerstenmalz genutzt werden darf. Die gesetzliche Grundlage für das heutige Reinheitsgebot stellt das vorläufige Biergesetz, das im Jahr 1993 in Kraft getreten ist, dar.


Seit wann gibt es das Reinheitsgebot?


Die heute als Deutsches Reinheitsgebot bekannten Regelungen gehen insbesondere auf das sogenannte Bayerische Reinheitsgebot, welches am 23.04.1516 erlassen wurde, zurück.

Eine deutschlandweit gültige Regelung trat allerdings erst Anfang des 20. Jahrhunderts In Kraft, als das Deutsche Reich im Jahr 1906 im Rahmen des Reichsgesetzes im Wesentlichen die vorher bereits in Bayern für das Brauen von Bier geltenden Vorschriften übernahm.


Bier als Grundnahrungsmittel


Bier hat in Deutschland eine lange Tradition. Es war früher für viele Menschen ein unverzichtbares Grundnahrungsmittel, das bei Nahrungsknappheit wichtige Energie lieferte. Aufgrund des häufig verunreinigten Trinkwassers war es lange Zeit sogar üblich, dass Kinder Bier tranken, da dieses durch das Erhitzen beim Brauen praktisch frei von Keimen war.

Das ist heute selbstverständlich undenkbar. Nichtsdestotrotz ist Bier in Deutschland nach wie vor das beliebteste alkoholische Getränk. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag im Jahr 2018 immerhin bei rund 101 Litern.


Lokale Brauverordnungen wurden schon früh erlassen


Im Mittelalter kamen beim Brauen noch ganz unterschiedliche Zutaten zum Einsatz. Hopfen spielte am Anfang zum Beispiel kaum eine Rolle. Die Qualität des Bieres schwankte aufgrund fehlender Standards, wie wir sie heute dank des Reinheitsgebots kennen, stark. Die ersten Vorschriften, die die Qualität von Bier betrafen, gab es daher bereits im 12. Jahrhundert.

Dabei handelte es sich jedoch lediglich um lokal gültige Regelungen, wie zum Beispiel einen entsprechenden Paragraphen in der 1156 im Zuge der Erteilung des Stadtrechts an Augsburg erlassenen Rechtsverordnung.

Weitere lokale Vorschriften für das Brauen von Bier sind beispielsweise aus Nürnberg im Jahr 1293 sowie aus Weimar im Jahr 1348 und aus München im Jahr 1363 bekannt.


Das Bayerische Reinheitsgebot


Das Bayerische Reinheitsgebot gilt als der eigentliche Vorläufer des heute gültigen Reinheitsgebots. Es trat im Jahr 1516 in Kraft und wurde von den bayerischen Herzögen Ludwig X und Wilhelm IV erlassen, nachdem die bayerischen Teilherzogtümer am Ende des von 1504 bis 1505 dauernden Landshuter Erbfolgekrieges wiedervereinigt wurden und daher landesweit gültige Gesetze benötigt wurden.

Zu den wesentlichen Regelungen im Bayerischen Reinheitsgebot zählten seinerzeit Höchstpreise für den Bierausschank sowie die Beschränkung der Zutaten beim Brauen von Bier auf Gerste, Hopfen und Hefe.

Das Bayerische Reinheitsgebot wurde hauptsächlich aus zwei Gründen erlassen. Zum einen war es damals oft üblich, dass Brauer für ihr Bier zahlreiche minderwertige Zutaten verwendeten, wodurch die Qualität mitunter stark zu wünschen übrig ließ. Zum Teil war sogar die Nutzung von psychoaktiven Pflanzen wie Tollkirschen und Bilsenkraut gang und gäbe.

Davon abgesehen spielte aber sehr wahrscheinlich auch die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung der Bevölkerung eine wichtige Rolle. Denn indem man das zum Brauen erlaubte Getreide auf Gerste beschränkte, war gewährleistet, dass Roggen und Weizen ausschließlich zum Backen von Brot verwendet wurden.


Der Tag des deutschen Bieres


Die Bedeutung, die dem Bayerischen Reinheitsgebot bis heute beigemessen wird, wird nicht zuletzt auch daran deutlich, dass der Deutsche Brauer-Bund bereits seit 1994 jedes Jahr am 23.04 den Tag des deutschen Bieres feiert.

Der 23.04.1516 ist das Datum, an dem seinerzeit das Bayerische Reinheitsgebot erlassen wurde. Im Jahr 2016 wurde somit bereits der 500. Jahrestag des für die deutsche Braukunst so wichtigen Ereignisses zelebriert.


Wurde das Deutsche Reinheitsgebot im Laufe der Zeit angepasst?


Auch wenn oft hervorgehoben wird, dass das Reinheitsgebot mehr als 500 Jahre alt ist, hat sich im Laufe der Zeit selbstverständlich viel verändert. So waren in Bayern zwischenzeitlich zum Beispiel auch Zutaten wie Lorbeer und Wacholder erlaubt.

Davon abgesehen wurde aus der Zutat Gerste Gerstenmalz, da sich dieses besser zum Brauen des Bieres eignete, und aus Gerstenmalz schließlich Malz, sodass auch andere Getreidesorten verwendet werden konnten.

Trotz aller Tradition, die mit dem Begriff Reinheitsgebot bis heute verbunden ist, unterlag somit auch die Herstellung von Bier in Deutschland im Laufe der Zeit einem stetigen Wandel, wie nicht zuletzt auch ein Blick auf die Änderungen entsprechender Gesetze und Verordnungen zeigt.


Hefe wurde im Reinheitsgebot lange Zeit nicht genannt


Es ist bekannt, dass Hefe heute ebenfalls zu den Zutaten, die ein nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebrautes Bier enthalten darf, zählt. Dennoch wurde sie in den frühen Versionen der Reinheitsgebote für Bier nicht genannt.

Oft wird behauptet, dass das daran liegt, dass Hefe den Menschen früher noch unbekannt war. Das stimmt allerdings allenfalls zum Teil. Denn auch wenn man damals natürlich noch nicht wusste, wie Hefe beim Brauen genau wirkt, war sie sehr wohl bekannt. Es gab sogar schon seit dem Mittelalter den Beruf des Hefners, dessen Aufgabe darin bestand, Brauereien mit Hefe zu versorgen.

Unabhängig davon dauerte es noch mehrere Jahrhunderte, bis Hefe schließlich auch als Zutat für Bier in das Reinheitsgebot mit aufgenommen wurde.


Muss jedes Bier nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebraut werden?


Prinzipiell sieht das Gesetz gewisse Ausnahmen vom Reinheitsgebot für sogenannte besondere Biere vor. Diese dürfen bestimmte Zutaten enthalten, die dem Bier einen speziellen Charakter verleihen. Erlaubt sind beispielsweise Früchte oder Gewürze. Die Verwendung von Hopfen- und Malzersatzstoffen ist hingegen auch bei diesen Bieren nicht gestattet.

Eine weitere Ausnahme bilden Biere, die für die Ausfuhr bestimmt sind. Auch diese müssen nicht zwingend nach den Vorgaben des Deutschen Reinheitsgebots gebraut werden. Beide Ausnahmen gelten in allen Bundesländern außer in Bayern. Unabhängig davon darf ein Bier natürlich nur dann den Zusatz tragen, dass es nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebraut wurde, wenn das auch tatsächlich zutrifft.


Ist das Reinheitsgebot noch zeitgemäß?


Das Reinheitsgebot gilt allgemein als Qualitätssiegel für Bier und ist weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Nichtsdestotrotz gibt es zunehmend auch Kritiker, die den geltenden Vorschriften nur wenig abgewinnen können.

Zu den in diesem Zusammenhang angebrachten Argumenten zählt insbesondere, dass es sich beim Reinheitsgebot heute nur noch um ein Marketinginstrument handelt, da Bier längst nicht mehr wie vor hunderten von Jahren, sondern in riesigen, automatisierten Anlagen gebraut wird.

Vor allem Anhänger von Craft Bieren wünschen sich für die Zukunft mehr Spielraum, um ihrer Kreativität freien Lauf lassen zu können. Es ist daher durchaus möglich, dass das Reinheitsgebot früher oder später geändert und die strikte Beschränkung auf Hopfen, Malz, Hefe und Wasser aufgehoben wird.

Doch bis es soweit ist, bleibt das Reinheitsgebot auch weiterhin das Fundament, auf dem das Brauhandwerk in Deutschland aufbaut und für das deutsche Biere weltweit bekannt und beliebt sind.


Warum das Deutsche Reinheitsgebot heute noch wichtig ist


Trotz seiner langen Geschichte und all den Änderungen in der Lebensmittelbranche in den letzten Jahrzehnten ist das Reinheitsgebot für deutsche Brauereien nach wie vor von entscheidender Bedeutung.

Der Verzicht auf künstliche Zusätze, wie sie in der EU mittlerweile erlaubt sind, gilt für die meisten Brauer als Selbstverständlichkeit und als wichtiges Qualitätsmerkmal für ihr Bier.

Das sehen nicht nur in Deutschland viele Konsumenten ähnlich. Auch im Ausland erfreut sich nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebrautes Bier sehr großer Beliebtheit. Trotz zuletzt rückläufiger Zahlen lag die Exportmenge im Jahr 2020 noch immer bei über 15 Millionen Hektolitern.

Dieser Erfolg dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass deutsches Bier aufgrund des Reinheitsgebots für seine hohe Qualität bekannt ist.


Große Vielfalt trotz Reinheitsgebot


Obwohl die Liste an erlaubten Bier-Zutaten überschaubar ist, sind die Möglichkeiten beim Brauen von Bier überraschend vielfältig. Immerhin können Brauereien aus rund 40 unterschiedlichen Malzsorten, 250 Hopfensorten sowie fast 200 Hefestämmen wählen.

Dazu kommen dann noch Unterschiede beim Wasser sowie bei den einzelnen Schritten des Brauverfahrens. Es ist daher trotz Reinheitsgebot möglich, ganz verschiedene Biere zu brauen, wie viele kleine und große Brauereien in ganz Deutschland jeden Tag unter Beweis stellen.


Deutsches Reinheitsgebot für Bier - unser Fazit


Wie Sie sehen, ist das Reinheitsgebot untrennbar mit der Geschichte des Bierbrauens in Deutschland verbunden. Durch die strikte Beschränkung auf einige wenige Zutaten ist eine gleichbleibend hohe Bierqualität gewährleistet.

Das Reinheitsgebot hat nicht zuletzt auch dazu beigetragen, dass deutsches Bier weit über die Landesgrenzen hinaus so bekannt ist und von Kennern auf der ganzen Welt für seinen unvergleichlichen Geschmack geschätzt wird.

Trotz aller Ausnahmen und Bestrebungen, das Reinheitsgebot zu ändern, dürfte sich daran in naher Zukunft kaum etwas ändern, sodass sich Bierliebhaber auch weiterhin auf einen perfekten Biergenuss aus Deutschland verlassen können.